Grenzstein 168 wird restauriert

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Durch den Schraden führender Wanderweg weist auf sächsisch-preußische Geschichte hin

Dort wo jetzt Preußen Sachsen küsst, stehen seit fast 200 Jahren unscheinbare Grenzsteine mit fortlaufenden Nummern und der geheimnisvollen Aufschrift KP und KS. Diese Buchstaben stehen für Königreich Preußen beziehungsweise Königreich Sachsen. Im Bereich des Amtes Schradenland gibt es heute noch mehr als 20 dieser stummen Zeitzeugen.

Grenzstein 168 wird restauriert

„Die meisten von ihnen sind aber in keinem guten Zustand, zwei sind sogar schon ganz von der Bildfläche verschwunden“, ärgert sich Gert Ossendorf, Vorsitzender des Merzdorfer Heimatvereins. Er führte vor einigen Tagen im Großenhainer Albert-Treff zirka 50 Interessierte virtuell entlang der 25,8 Kilometer langen Route, die die Grenze im Amt Schradenland zum Kreis Meißen bildet. Zu dieser Grenzziehung war es nach dem Wiener Kongress von 1814/15 gekommen, bei dem ganz Europa neu aufgeteilt wurde. Durch das Bündnis des sächsischen Kurfürsten Friedrich August III. (als König Friedrich August I.) und Napoleon I. wurde Sachsen zwar 1806 Königreich, verlor aber nach dem Sturz Napoleons über die Hälfte seines damaligen Territoriums sowie 42 Prozent der Bevölkerung. Die neue Grenze wurde zunächst mit Holzpfählen gekennzeichnet, die später durch markante Steinsäulen ersetzt wurden. Sie beginnt in Seidenberg mit Stein Nummer 1, führt in westlicher Richtung an der Wittig entlang, überquert bei Radmeritz die Neiße und setzt sich dann quer durch die Oberlausitz fort.

Von der Nummer 1 bis zur 81 wurden die Steine paarweise gesetzt und neben der Nummerierung auch farblich gekennzeichnet: der sächsische Stein weiß-grün, der preußische weiß-schwarz. Das Gebiet, für das Gert Ossendorf zuständig ist, beginnt bei Großthiemig am Grenzstein Nummer 160 in Höhe der Grenze zum Oberspreewald-Lausitz-Kreis und verläuft bis kurz hinter Merzdorf an den Beyerteichen zum Grenzstein 176. Diese Strecke ist durchgehend begehbar.

Restaurierter Grenzstein

Das ist vor allem Gert Ossendorf zu verdanken, der Tourismusbeauftragter des Amtes Schradenland ist. „Entstanden ist die Idee aber schon weit vorher, da ich mich mit den Grenzsteinen um Merzdorf sehr intensiv beschäftige. Nun ist er eine weitere Bereicherung für die wandertouristisch bereits gut erschlossene Schradenregion“, verrät er. Auf seine Initiative ist auch die Errichtung eines restaurierten Grenzsteines zurückzuführen. „Der Baudaer Steinmetz und Steinbildhauer Armin Thierichen hat uns dabei sehr geholfen. So können wir am 31. März endlich einen Grenzstein präsentieren, der nicht vom Zahn der Zeit zerfressen ist“, freut sich der passionierte Touristiker.

Grenzstein 168 wird restauriert

Am 31. März wird im Dorfgemeinschaftshaus Merzdorf eine Fotoausstellung von Hans Gawor mit dem Titel „200 Jahre historische Grenze Sachsen/Preußen” eröffnet. Diese wird bis zum 16. April jeweils von 16 bis 20 Uhr geöffnet sein. Am 6. September, am „Tag der Sachsen“, beginnt um 9 Uhr die nun schon sechste Grenzsteinwanderung entlang der Grenze zum Heidebergturm und zurück nach Merzdorf zum Vereinsgelände.

„Wo Preußen Sachsen küsst“ heißt die Dachmarke der Ersten Brandenburgischen Landesausstellung, die vom 7. Juni bis zum 2. November auf Schloss Doberlug stattfindet. Sie dokumentiert anlässlich des 200. Jubiläums des Wiener Kongresses Szenen einer Nachbarschaft. Das sächsische Gebiet reichte bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts weit ins heutige Brandenburg. Die Grenze lag etwa 50 Kilometer südlich vor Potsdam. Wechselvoll ist das Schicksal der dort lebenden Menschen. Mit dem Prager Frieden fielen schon 1635 sowohl die Nieder- als auch die Oberlausitz in kursächsischen Besitz. Nach dem Wiener Kongress wurde die Grenze dann erneut neu gezogen. Spuren dieser Vergangenheit finden sich in Südbrandenburg bis heute, so die sächsischen Postsäulen in Elsterwerda, Uebigau-Wahrenbrück, Senftenberg oder Ortrand. Es gibt aber auch andere Verbindungen zum südlichen Nachbarn, weiß Ossendorf zu berichten. So gehört zum Beispiel die Kirchgemeinde Merzdorf zum Frauenhainer Kirchspiel.

Schraden lange sächsisch

„Nach der Wende wurde eine Volksbefragung mit dem Thema durchgeführt, ob die Bürger der Schradener Region zu Sachsen oder Brandenburg gehören wollten. Wir haben uns für Sachsen entschieden, aber die hohen Herren der Landesregierung in Potsdam haben uns damals nicht freigegeben“, kommentiert Ossendorf.

Spätestens zu Beginn des 15. Jahrhunderts gehörte das Schradenland zum Territorium des sächsischen Amtes Hayn. 1815 kam der Schraden von der „Großenhainer Pflege” des Königreiches Sachsen zum Herzogtum Sachsen des Königreiches Preußen (Regierungsbezirk Merseburg, Kreis Liebenwerda). 1583 erfolgte die Teilung des zirka 4925 Hektar umfassenden Schradenwaldes. Der Anteil des kursächsischen Staates am Schraden wurde im 16., 17. und 18. Jahrhundert stark vergrößert. So verkaufte 1586 die Herrschaft Frauenhain ihren gesamten Schradenabschnitt, die Herrschaft Strauch im Jahre 1615 etwa zwei Drittel ihrer Schradenwaldfläche. 1727 ging die Herrschaft Elsterwerda mitsamt dem Elsterwerdaer Schraden an Sachsen.

Grenzstein 168 wird restauriert

Gert Ossendorf hat schon immer den Kontakt in den benachbarten südlichen sächsischen Landkreis gesucht, und das nicht nur auf touristischer Ebene. Seine enge Beziehung zu Sachsen hat unter anderem wohl auch seinen Ursprung darin, dass Ossendorf in den 50er-Jahren in Großenhain lebte.

Fotos: Henry Müller

Lausitzer Rundschau vom 28. Februar 2014